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Was wünsche ich mir vom neuen Papst?
in:
CHRIST IN DER GEGENWART,
57.Jahrgang,
Freiburg, 29. Mai 2005
Heinz
Pangels: Diener der Diener Gottes
Vorbemerkung:
Johannes Paul II. hat sehr viel und Gutes in der Weltpolitik erreicht. In
dieser Hinsicht hat er viel bewirkt. Aber innerkirchlich ist er wieder rückwärts
hinter das II. Vaticanum gegangen, obwohl immer wieder behauptet wird, er hätte
sich für eine Weiterentwicklung eingesetzt. Innerkirchlich ist sehr viel
liegen geblieben und manches rigide durchgeführt worden. Mich hat immer
wieder mächtig gewurmt, wie die Kurie mit dem "Bodenpersonal Gottes"
umgegangen ist, wenn es nicht dem absolutistischen Denken des Vatikanischen
Apparates entsprach. Die Inquisition der "Glaubenskongregation"
erlebte unter ihrem Präfekten Ratzinger eine neue Blüte. Was bereits unter
früheren Präfekten, wie z. B. Ottaviani, vollbracht wurde, wurde munter
fortgesetzt. Allerdings wurde auch schon nach 350 Jahren Galileo
Galilei rehabilitiert. Bei Giordano Bruno konnte man sich nur zu einer
Entschuldigung durchringen, dass man ihn "irrtümlich" verbrannt
hat; zu einer öffentlichen Rehabilitation konnte man sich jedoch noch nicht
entschließen.
Pierre Teilhard de Chardin SJ, Yves Congar und Henry de
Lubac sind erst von Papst Johannes XXIII. rehabilitiert worden. Für
Teilhard de Chardin hätte ich mir anlässlich seines 50. Todestages Anfang
Mai diesen Jahres eine entsprechende Würdigung gewünscht, zumal der
Vatikan ja auch in früheren Jahren auf den Orden ganz erheblichen Druck
ausgeübt hat, die Schriften von ihm nicht zu veröffentlichen.
Im Jahre 1979 kam Hans Küng an die Reihe, später
Eugen Drewermann und danach selbst der große Moraltheologe Bernhard Häring.
Was die Befreiungstheologie betrifft, ist man bis heute
falschen Vorstellungen unterlegen und hat letztlich die hervorragende
Basisarbeit zerstört. Einem Mann wie Leonardo Boff hat man Sprech- und
Schreibverbot auferlegt, der letztlich die Konsequenz daraus gezogen hat und
aus dem Orden ausgetreten ist. Und auch mit einem Mann wie Ernesto Cardinal
ist man nicht gerade menschenfreundlich umgegangen. Nun hat es auch Josef
Imbach, einen Kapuziner, erwischt, der in Rom lehrte. Nach dem Tod von
Johannes Paul II. wurde bekannt, dass insgesamt die letzten Jahre 200
Personen mit einem Bann belegt wurden.
Der Vatikan hat nach außen hin sehr viel über
Menschenrechte geredet, aber innerhalb der Kirche immer wieder dagegen
verstoßen und auch bis heute noch nicht die Menschenrechts-Konvention
unterzeichnet.
Das Widersprüchlichste, das ich in dieser Richtung
immer wieder erlebt habe, sind die Selig- und Heiligsprechungsprozesse,
wobei man den "Probanden" einen Rechtsanwalt und einen
Gegenanwalt, den sog. Advocatus diaboli, zugestanden hat. Ich spreche hier
ganz bewusst von etwas Widersprüchlichem, weil man dem Toten mehr zubilligt
als dem Lebenden, dem man einen solchen Beistand bisher verweigerte.
Wenn die Kirche glaubwürdig werden will, muss sie selbst
im Umgang mit ihren Gläubigen und ihren Bediensteten glaubwürdig werden
und somit auch die Menschenrechte innerhalb der Kirche anerkennen. Das heißt
für mich ganz konkret, dass sie auch dem Lebenden einen rechtlichen
Beistand zubilligen muss, wenn sie gegen ihn etwas vorzubringen hat. Solange
sie einem Beklagten kein Recht zur Widerrede und keinen Rechtsbeistand
zugesteht, kann man nur von einem diktatorischen oder absolutistischen
Verhalten sprechen, dass heute allgemein in unserer demokratischen
Gesellschaft nicht mehr zu verstehen und nachzuvollziehen ist.
Und weiter leben wir heute nicht mehr im finsteren
Mittelalter, in dem nur die Oberschichten, d.h. die Gebildeten, eine Meinung
äußern durften und die kleinen Leute all das schlucken mussten, was die
Obrigkeit anordnete. Die Zeiten, in denen die Gläubigen nur „die dummen
und unwissenden Schafe" waren, dürften endgültig vorbei sein. Das II.
Vaticanum hat von der Mündigkeit des Christen und von der Gewissensfreiheit
des einzelnen Menschen gesprochen. Und diese muss heute wieder konkret
eingefordert werden. So muss heute im kirchlichen Bereich das gleiche Recht
gelten wie im weltlichen Bereich. Das wäre mein erster Wunsch an Papst
Benedikt XVI.
Der zweite Wunsch an ihn wäre die Seelsorge für die
Wiederverheirateten Geschiedenen, hier insbesondere die Zulassung zu den
Sakramenten. Hier mahne ich die Liebe und Barmherzigkeit Christi an. Wenn er
glaubwürdig sein will, soll er zunächst einmal seine Dekrete in dieser
Hinsicht von Oktober 1994 und 1999 zurücknehmen.
Der dritte Wunsch an ihn wäre die größere Selbständigkeit
der Ortskirchen und der Bischofskonferenzen der einzelnen Länder, was
insbesondere die kulturelle und ethnische Entwicklung betrifft. Wenn schon jährlich
von den einzelnen Diözesen eine Liste über mögliche und somit fähige
Kandidaten von Rom angefordert wird, sollte man auch drei Kandidaten aus
diesen Listen den einzelnen Domkapiteln vorschlagen, um einen daraus als
Bischof zu wählen. Sie sollten möglichst mit den örtlichen Gegebenheiten
vertraut sein und das Vertrauen des Domkapitels haben.
Das bisher größte negative Beispiel für das "römische
Verhalten" ist die „Wahl" Kardinal Meisners zum Erzbischof von Köln
im Jahre 1988. Hier hat man sehr bewusst die Vorschläge des Kölner
Domkapitels negiert und immer wieder diesen Kardinal von Rom ins Spiel
gebracht und hat dazu das neue Wahlstatut von Kardinal Höffner außer Kraft
gesetzt und sechzehn gestandene Domherren als "Stimmvieh"
missbraucht, nur um den vom Papst "auserkorenen Kandidaten"
ernennen zu können. Es war ein einziges Debakel und ein unschönes
Spektakel!!!
Hier
wünsche ich mir von Rom mehr Fingerspitzengefühl und somit eine größere
Beachtung der Selbständigkeit der einzelnen Ortskirchen! Welche Bedeutung
haben eigentlich die Bischofskonferenzen, wenn es noch die Nuntiaturen gibt,
die in den letzten Jahrzehnten sich mehr oder weniger zu Denuntiaturen
entwickelten.
Der
vierte große Wunsch an Papst Benedikt XVI. wäre die Abschaffung des
Antimodernisten-Eides, der vom Papst Pius X. eingeführt und 1967 nach dem
Konzil abgeschafft und in den 80er Jahren wieder eingeführt wurde. Dieser
hat immer wieder zu erheblichen Gewissenskonflikten geführt und manch einen
davon abgehalten, sich zum Priester oder Bischof weihen zu lassen, weil hier
von Rom - sprich der Kurie - ein absolutistischer Anspruch an den
unbedingten, mitunter gegen das eigene Gewissen, geforderten Gehorsam
verbunden ist. Das mir bekannteste "Opfer" hiervon ist Karl Färber,
der Begründer vom "Christlichen Sonntag" - Vorgänger von "CHRIST
IN DER GEGENWART".
Der
fünfte große Wunsch an Papst Benedikt XVI. wäre ein bedeutend besserer
Umgang mit den Frauen allgemein, aber hier auch mit Frauen, die Theologie
und mehr studiert haben und im universitären Bereich einen Lehrstuhl
anstrebten, die von einzelnen theologischen Fakultäten angefordert oder
vorgeschlagen wurden und in den meisten Fällen kein "Nihil obstat"
von Rom bekamen. Ich denke hierbei vor allem an Silvia Schroer, Theresa
Berger und Verena Lenzen, die nun alle drei einen Lehrstuhl im Ausland
innehaben. Die vierte bekannte Theologin (der Name fällt mir im Augenblick
nicht ein) wurde ebenfalls von Rom aus als Lehrbeauftragte abgelehnt.
Der
sechste und auch größte Wunsch an Papst Benedikt XVI. wäre, dass er das
wahr macht, was er selbst sehr betont hat, dass er Diener der Diener Gottes
sein will; dass er wirklich seinen Dienst, sein Amt, als Vorsteher des
Volkes Gottes betrachtet und sich diesem auch liebend und verstehend
zuwendet und es auch in allen Dingen ernst nimmt und somit die Botschaft
JESU zu einer FROHEN BOTSCHAFT werden lässt.
©
Heinz Pangels, Königswinter, 07.05.2005